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Interpretation von O.Plaschkas Magier von Montparnasse

Posted in buchinterpretationen on Oktober 23rd, 2017

Oliver Plaschka/ Plaschka auf Wiki/ Die Magier von Montparnasse/ c Hobbit Presse 2010/ Zusatz: Situationskarte/ hardfax S.428

  

An einem verflixten Sonntag

Ein Buch wie das Bühnenbild der Oper Carmen auf der Seebühne Bregenz, ein Stapel in die Luft geworfener Karten. Man entscheide sich, welche man fangen will.  Im vom Autor schriftlich geworfenen Kartenset buhlen Magiere, ein Schriftsteller, eine Kellnerin, eine Aushilfe, die Besitzer des Hotels und nicht zuletzt auch eine Schar von Tieren, um die Gunst des geneigten Lesers. Oliver Plaschka, der für sein Erstlingswerk „Fairwater 2007 gleich einen Preis einheimste, entführt den Leser in seinem vierten Werk nach Paris im Jahre 1926. Montparnasse ist der Brennpunkt, wo sich jedweder Künstler die Ehre geben will.

 

Die Geschichte beginnt an einem Sonntag mit der Abendvorstellung im Variete Bobino. Dem Magier Duo Ravi und Blanche misslingt ein Trick und Ravi bricht, um seine Partnerin zu schützen, eine alte Regel: Er setzt echte Magie ein! Nach der Rettungstat erinnert Blanche Ravi an einen Bund, den sie vor sieben Jahren geschlossen haben. Zur Erneuerung beissen sie in einen Apfel, dann sinkt Blanche in Schlaf und ihr Schicksal liegt in Ravis Händen. Vor dem Wegtreten versichert sie Ravi, die Zeit sei gekommen!

Die Geschichte dreht sich nun sieben Tage lang um die Ereignisse im Jardin, einem Hotel am Carrefour Vavin, das das Zentrum am Boulevard Montparnasse ist. Ravi hat Blanche unterdessen dorthin gebracht und es obliegt ihm, sie vor den Gesandten der Societe zu verteidigen. Um die Ereignisse zu entschlüsseln, hat das Direktorat der Societe Silencieuse, das ist die Gesellschaft der Magiere, die Welt um das Jardin in eine Warteschlaufe versetzt. Normal sterbliche erleben eine Woche lang immer denselben Tag, ausgenommen Magiere und Mitglieder der Gesellschaft.

Der vorliegende Plot des deutschen Schriftstellers Oliver Plaschka ist keine typische „ein Satz Geschichte“, die man mit den Worten, und Ravi ging von A nach B und hat seinen Auftrag erfülllt, beschreiben kann. Es sind eine ganze Menge von Sichtweisen in verschiedenen Lebenssituationen, vertreten durch eine Anzahl von Personen, die der Autor in das Geschehen eingeflochten hat.

Die Begebenheiten um den missglückten Auftritt von Ravi und Blanche fallen geschichtlich in die Zeit nach dem ersten Weltkrieg. Später wird man rückblickend vom beinahe eine Dekade währenden goldenen Zeitalter reden. Es war also eine Zeit des Aufbruchs, materiell wie künstlerisch ideell. In dieser Zeit verhaftet sind wohl auch die Ansichten, die der Autor den Protagonisten andichtet. Denn wenn es unbestritten ist, dass sich seit der Ritterzeit der Wortschatz der Menschen verändert hat, so ist es eben auch unbestritten, dass sich seit dem goldenen Zeitalter weiterentwickelt hat, wie wir heute mit den neusten Techniken die Wirklichkeit darstellen. Die Rede ist von der Technik, die Filme zur Trickkiste machen, die Rede ist von Augmented Reality mit der wir dem Bewusstsein eine neue Dimension öffnen.

Von dem allen wussten die Menschen des goldenen Zeitalters nichts. Ravi und Blanche hatten noch die Möglichkeit, ihre Mätzchen mit der Illusion einem weitgehend von bewegten Bildern nicht übermässig verwöhnten Publikum zu zeigen. Die danken es und lassen die Kassen der Variete- und Showbühnenbesitzer klingeln. Das aussergewöhnliche Erreignis, das was das Leben des Bürgers neben der Arbeit anreichert, und was sich schon Lord Dunsany für ein Dorf in England wünschte, muss im goldenen Zeitalter noch ausserhalb der guten Stube gesucht werden. Es sind die Bühnen, die grossen und kleinen, die den Menschen von den grossen Geheimnissen und Geschehnissen der Welt künden.

Auf diesem Hintergrund, und das hat sich wohl bis heute erhalten, sieht der grösste Teil einer breiten Öffentlichkeit transzendentes als etwas, das praktisch erlebbar sein muss, wenn es Aufmerksamkeit erregen soll. Gott und eine unsichtbare, jenseitige Welt werden den an der Geschichte beteiligten Personen durch die Absichten einer Handvoll Zauberer in das Leben getragen. Sieben Tage lang wiederholt sich der Kreislauf und  es geschehen rund um das Jardin die seltsamsten Dinge. Ravi wehrt sich gegen die Sendlinge des Direktorats. Ein Sendling ist Barneby. Er soll rausfinden, was denn Ravi in jener verunglückten Nummer nun wirklich getrieben hat. Ihm nachgesandt wurde Orlando. Eine furchteinflössende Figur mit einem schrulligen Diener. Im Hotel arbeitet die Kellnerin Justine, die dem hantieren der seltsamen Gäste langsam auf die Spur kommt. Als Aushilfe arbeitet im Jardin noch Mischa, ein russischer Junge, der sich wiederholt infolge Trunkenheit und unglücklicher Liebe auf einem Abfallberg wiederfindet. Schliesslich sind da die Wirtsleute, die dem Treiben der Künstler so lange zuschauen, als der Zaster rollt. Als Zugabe zum illustren Personenkreis erscheint Gaspard. Ein angehender Autor mit unter dem Arm eingeklemmtem Manuskript. Er sucht den in Paris wohnhaften und bekannten amerikanischen Schriftsteller.

Sie alle werden in den magischen Sog der angehaltenen Wirklichkeit gezogen. Ihnen allen gibt Oliver Plaschka  in seinem vierten Roman eine Bühne. Das Werk als Ganzes befasst sich mit Schicksalen, die sich einer Handvoll Magiern und deren Machenschaften ausgeliefert sieht. Es ist kein Krimi, denn ein zwischenzeitlich verübter Mord wird über ein Kapitel hinweg wieder aufgelöst. Es ist auch kein Abenteuerroman. Darüber hinweg kann auch nicht der Showdown in den Katakomben von Paris täuschen. Es ist auch nicht der klassische historische Roman. Es ist eher ein Zeitdokument, das ein Abbild der Mentalität einer Künstlergilde zeichnet, die sich irgendwie als Anwender der Gesetze von Raum und Zeit verstanden haben. Darin gleicht der Roman den Erzählungen von William Gibson. Man sucht oft die Handlung, sieht sich aber mit vielen Detailbetrachtungen und Situationsaktionen konfrontiert.

So differenziert wie die Wirklichkeit in diesem Buch betrachtet wird, so differenziert muss auch der Ratschlag an geneigte Lesenarren gehen. Dieser Roman ist ein Gourmetstück, das ein Stück Paris abbildet, weniger ein aktionsgeladenes Lesevergnügen. Und es stellt in vielen Passagen eine Frage. Ist das, was wir täglich sehen die Wirklichkeit? Der Mensch glaubt immer nur was er sieht. Im Falle des vorliegenden Romans ist dies aber eine in die Irre führende Tugend, denn was er sieht ist vom Magier inszenierte Wirklichkeit.

 

jh

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