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2018. November. Sonntag 16.00 Uhr. St.Gallen-Young Boys Bern

Posted in blugunkels storyride on November 12th, 2018

Hallo. Psychodoc ist wieder einmal gestartet. An einem prächtig genial strahlenden Novembertag. Es glühen die Matten, blinken die Gipfel, pulsiert die Umgebung. Alles überzogen mit einer herbstlichen Farbenvielfalt. Ein Uhr. Ich besteige im oberen Toggenburg in Unterwasser an der Haltestelle Wäldli das Postauto Richtung St.Gallen AFG Arena. Anpfiff des Fussballspiels, 16.00 Uhr.

Ein paar Jungen im Oberstufenalter sind schon zugestiegen. Sie sind ganz anständig und reden über den Umgang mit Polizisten. Pass mal auf dass du dich gegenüber der Ordnungsgewalt nicht übernimmst, denke ich. Sie reden über den Winteranfang. Hoffentlich wie letztes Jahr. Ein anderer beschwichtigt am Handy, oh ja er telefoniert, seine Mutter. Ja, gelernt, alles im Griff, sagt er. Dann biegt der Chauffeur in Nesslau vom Bahnhofplatz auf die Haupstrasse. Arme hoch schwingend betritt ein Rentner den Fussgängerstreifen. Er zwingt das Postauto ausserordentlich zu halten. Hinterher seine Frau. Durch das Alter schon nicht mehr so schnell, grossmütterlich, krummer Rücken. Grossartig. Jetzt weiss ich wieder, ich bin in der Schweiz. In dem Land das Pünktlichkeit mit grossen Buchstaben schreibt und nur immer ein Bus am Tag von A nach B fährt! Derweil hat sich das Posti mit Fans gefüllt. Mehrheitlich jung und in grün weiss.

Auf der Kante am Bahnhof Wattwil macht sich dann ein anderer Gast, in grösserer Form sehr ungemütlich, bemerkbar. Eine kleine Spinne, zuhause in der Jacke verfangen, hangelt sich in freier Luft den Ärmel hinab. Nun ist sie am Boden und versucht ihr Glück in der Weite der beteerten Kanteneinöde.

Betrete die S4. Der Körper ruft nach einer Toilette. Ein übler strenger Geruch. Der ist nicht von mir, wie ich einem nachfolgenden Benützer erklären würde. Der Zug ist voll von Fans, jungen und alten, Familien, Oberländer, Glarner. Die Fans aus dem St.Galler Oberland sind starke junge Burschen aus Flums. Das Sackmesser als identitätsstiftendes Objekt gehört bei ihnen nur teils zur Ausrüstung. Man will nicht als solche aus dem Hinterland gelten. Der Dialekt aber unverkennbar. Der SingSang ein Herzstück Kanton St.Gallen. Selber sitze ich bei einer jungen Frau. Vis a Vis. Geschminkt bis zur Unkenntlichkeit. Bereit für Takes für einen Fluencer Vlog. So scheint es. Quer über ihrer Schulter ein einsamer Faden von der Wagondecke. Ein Spinnenfaden. Erkennbar nur im hellen Licht.

Schliesslich führt mich ab Herisau der Regiobus ans Ziel. Rappelvoll. Kein leerer Platz. Gegenüber ein älteres Päärchen. Sie nicht erkennbar als Fan. Er das Emblem von Crystal Palace aus der englischen Premier League auf der Jacke. Teste die Kontaktfreudigkeit. „3:1“, sage ich, so laut dass sie mich hören müssen. „Nein, nicht für YB, für St.Gallen!“ Er bleibt ruhig, sie lächelt. Für gewöhnlich reden Spinner oder Alkoholiker einfach drauflos. Tut man es einfach aus dem Wunsch sein Gegenüber mal spontan anzusprechen, kann man in der Schweiz halt mal Schweigen ernten. Dann aber er:  „Wo fährt denn eigentlich der Bus zurück nach Herisau?“ Ja genau, viele unausgesprochene Gedanken könnte man doch auch mal laut definieren!

Dann bin ich im Getümmel vor dem Stadion. Der übliche Aufmarsch. Ein Gewimmel, ein Kunterbunt an Volk, an Fans. Dabei ist es noch 15.00 Uhr. Eine Stunde vor Matchbeginn. Begebe mich zum Fanshop. Auch der. Gut gefüllt. Nichts von Lädelisterben. Väter ergattern für ihre Söhne ein Trikot. Und ich bin auf dem Weg einen Sticker zum Aufnähen zu finden. Für mein Jeansgilet. Gibts aber nicht. Ich finde einen fürs Auto. Frage den Verkäufer. Gibts den fürs Auto auch als Aufnäher? „Nein“, sagt er. Und händigt mir das Emblem des FC St.Gallen aus. Ohne zu zahlen.  Dasjeniege, das sie sonst auf die Trikots machen.  Habe aber am Choreo Stand 5 Franken gespendet, sage ich dem netten Verkäufer. Dort sammeln die eingefleischten Fans für ihre Stadiondekos. Yeah, das ist Musik. Dann wird mal selbstbewusst der Eingang angesteurt. Sektor C5. Bin noch zu früh. Aber Hallo, heute werde ich der erste sein, der das Drehkreuz zu meinem Sektor durchschreitet. Wie bei einem Rockkonzert.

Reihe sechs, Platz 35. Weit unten links am Spielfeld. Es sitzen ein zwei Leute da. Einer auf meinem Platz. Sonst noch alles leer. Frage sie ob sie nochmals ihre Nummer auf dem Ticket kontrollieren können. Tue dies auch auf meinem Ticket. Reihe sechs, Platz 35. Es stimmt und sie rücken nach. Wäre da nur  nicht das Problem. Das Kaugummi Problem. Er ziert ziemlich verklebt den oberen Teil des Sitzes. Ungemütlich! Und nicht akzeptabel für meine Stadionnachbarn. Es wird ein Stadionstaff mobilisiert. Ein Rentner. Er hat die Lösung. Jede Menge Servietten vom Cervelatstand. Das reicht noch nicht. Die Freundin hat die bessere Lösung. Jede Menge Matchprogramm unter dem Hintern sollten Schutz genug sein. Endlich sitze ich und habe schon den Stadionstumpen hinter mir. „Stryper, ein Metalfan“, sagt jemand hinter mir. Drehe mich kurz. Zwei ältere Herren. Glattrasiert. Einer von ihnen hätte einst bei einem Konzert eben jener Band eine Bibel an den Kopf bekommen. Antworte nicht wenig amüsiert, das sei wahrscheinlich nicht gerade eine gute Methode. Zur Aufklärung. Stryper sind  eine der ersten Metalbands der 80er Jahre die sich als Christen outeten. Ihr Markenzeichen war es, Bibeln ins Publikum zu schmeissen. Nun, ich wäre nie dagewesen, sage ich. Mir habe aber immer schon die Musik gefallen. Und ja, die gebe es noch.

Dann beginnt endlich das Spiel. Friere trotz mildem Herbstwetter. Die Entwicklung des Spiels hätte ich mir dann etwas anderst gewünscht. Nach der Führung vergeben die St.Galler das Spiel in einer Viertelstunde. Jammerschade. Aber das Spiel geht weiter. Und sie spielen gut, versprühen Spiellaune. In der Pause gibts dann einen Kaffee zum Aufwärmen. An der Schlange vor dem Tresen werde ich angestupst. Hier kann man nichts mit Bargeld kaufen, werde ich gefragt? Genau. Und überlege schon, ob ich meine Karte zur Verfügung stellen könnte. So verdiene ich vier Franken, denn ich habe kein Kleingeld um auf die Zwanzig Franken rauszugeben, die sie mir in die Hand drücken. Dann wieder auf Platz 35 in Reihe sechs des Sektors C5. Links von mir hinter dem Tor der Espenblock. Rechts in der quer über den Platz liegenden Ecke der Prostblock. Erkenntlich natürlich an einem in grün gehaltenen Banner, schön am Gitter hinter dem Spielfeld befestigt. Schliesslich bekommt St.Gallen noch einen Penalty zugesprochen. In der 85. Minute. Zu spät um das Spiel zu drehen. Hätte doch der Schiri dieses Offside Goal nicht anerkannt. Jawohl das war es, für die Espenfans. Ein Irrtum auf diesem Niveau. Es bleibt beim 3.2. Es ist der Sieg für YB.

Auf dem Nachhause Weg lerne ich noch den freundlichtsen aller St.Galler Fans kennen. Der Bub neben mir im Bus zurück nach Herisau der mich am Bahnhof ausdrücklich frägt, ob ich hier raus müsse. Ich muss und besteige gerade zur rechten Zeit den Voralpenexpress nach Wattwil. Wiederum dort auf der Kante beobachte ich einen andern St.Galler Fan. Jung und ich dachte, den hab ich schon gesehen. Er steigt aus, quert rasant das Perron und vertraut den Mageninhalt den Kräutern zwischen den Geleisen an. Diesen Geruch brauche ich zum Schluss nun wirklich nicht und mache einen Bogen.

Hatte ich im Stadion den Körper nicht mehr auf Normaltemperatur gebracht, gelingts mir im Postauto nach Unterwasser auch nicht. Für meinen Teil auf jeden Fall ist der Chauffeur dieses Kurses ein Ignorant. Denn er lässt kalte Luft durch das Wageninnere zirkulieren. Naja, verkrieche mich für 45 Minuten in meinen Sitz. Denke mir dabei, dass wir in der Schweiz sind, und ich auch so nach Hause komme.

 

 

Die Sage vom HerrGottSack

Posted in blugunkels storyride on Dezember 19th, 2015

blogunkels green power   blogunkels fernwelten

blugunkel/ shortstory: die Sage vom HerrGottSack/  copyright blugunkel Dezember 2015/

In einem dunklen Wald, weitab von der Strasse, stand ein uraltes, von wilden Ranken umwuchertes Haus. Seine Wände bestanden aus rohbehauenen Balken, das Giebeldach aus Schiefer und es wurde von seinem Kamin weit überragt. Das Haus hatte nicht viele Ecken, Nischen und Winkel, sondern man trat durch die Tür in einen einzigen Raum. Die Bewohner lebten, schliefen und assen im selben Zimmer. Der Reichtum dieser einfachen Behausung bestand darum nicht aus den vielen Möglichkeiten für den Einzelnen. Das grossartige am Leben zu dieser Zeit waren die gemeinsamen Abende nach getaner Arbeit. Wenn der Wind durch die Bäume rauschte und der Regen auf das Dach prasselte, gab es nichts Schöneres, als sich um die Feuerstelle zu versammeln und einer Erzählung zu lauschen. Von einer dieser Überlieferungen handelt die folgende Sage. Die Sage vom Herr Gott Sack.

 
Es war einmal ein König… Er sass auf dem Thron einer mächtigen Burg. Sein Volk lebte in Frieden, denn seine Herrschaft war gerecht. Regelmässig sandte er eine ausgewählte Truppe edler Ritter durch das Land, um sein Ansinnen durchzusetzen. Schon seit einiger Zeit hatte die frohe Botschaft von Jesus Christus die heidnischen Bräuche verdrängt. So war dem König sehr daran gelegen, dass den Menschen in seinem Reich wohl war, dass sie arbeiten und in Frieden leben konnten. Von den verschiedenen Festen, die zu Ehren des neuen Glaubens gehalten wurden, war dem König das Weihnachtsfest das wichtigste. Das Bild des wehrlosen Kindleins in einer Krippe hatte den Edelmut des Herrschers geweckt und sich tief in sein Herz eingeprägt.
Nun hatte sich der Sommer geneigt, der Herbst die ersten Wiesen mit Frost bedeckt und erste Schneeflocken kündeten von der baldigen Ankunft des Winters. Eine ganze Schar Bediensteter arbeitete beinahe ohne Pause, um die Burg festlich herzurichten. Mehrere Tage würden die Feierlichkeiten zu Ehren des Erlösers dauern und es war damals der Brauch, den geladenen Gästen nicht nur ein Fest zu bereiten, sondern auch eine Unterkunft zu bieten.
Als es dann endlich Zeit wurde Tür und Tor zu öffnen, wurde dem König von den Herolden eine Unglücksbotschaft überbracht. Unter einem fremden Banner sei ein Heer von Osten in das Land eingefallen und hätte in dieser heiligen Zeit in seinem Volk Angst und Schrecken verbreitet. Der König, zwar an Jahren schon betagt, an Rat aber immer noch weise, zog sich, bedrängt eine Entscheidung zu finden, zum Gebet in sein Gemach zurück. Wenn er jetzt alle Kräfte sammelte um ein Heer aufzustellen, so dachte der König, musste das Fest absagt werden. Niemand würde mehr hier sein und von ihm würde erwartet werden, selber an der Front zu erscheinen. In dieser speziellen Stunde der Not war ihm, als höre er einen Engel sprechen. Und in seinem Herzen begann sich eine Idee zu formen. Noch am selben Tage schickte der König eine Gesandtschaft in das Lager des Gegners. Von nun an harrte er gespannt der kommenden Dinge: Würden aber die kriegerischen Eindringlinge auf das Ansinnen des Königs eingehen?

Es war heilig Abend geworden und das Volk versammelte sich nach und nach in der weiten Halle. Knisternde Flammen spendeten Wärme und vertrieben die Dunkelheit. Unter der Leitung des Hofbarden führten Spielleute die Weihnachtsgeschichte auf und unterhielten die geladenen Gäste mit alten Weisen und geistlichen Liedern. Voll von leckeren Speisen waren die Tafeln und die Bediensteten kredenzten eine Köstlichkeit nach der andern. Die Stimmung war froh und ausgelassen wie es sich für das Ankunftsfest des Erlösers aller Menschen gehörte. Noch nichts hatte der König von dem drohenden Unheil verlauten lassen. Alles war wie immer, ausser dass die Sicht zum Thron durch ein von der Decke hängendes Tuch versperrt war. Da und dort wurde natürlich gewitzelt, welche Überrasschung wohl der König dort verborgen hielt. Dann endlich las ein Herold mit weittragender Stimme die Weihnachtsgeschichte nach dem Evangelisten Lukas vor, als plötzlich das Laute „Tock Tock“ eines Speeres auf dem Holzboden die Stille durchbrach. Ächzend in ihren Angeln schwangen die schweren Torflügel auf und dreckbespritzt von der Fahrt traten fünf gepanzerte Ritter, den Helm unter dem Arm, in die Halle. Bei ihrem Anblick erhellte sich das Angesicht des Königs, denn es war die erwartete Gesandtschaft des feindlichen Heeres. Er gab Anweisung sie zu versorgen und die Spielleute griffen wieder nach ihren Fideln. Dann beendete der Herold seine Vorlesung und der König erhob sich und schritt würdevoll durch die Halle. Er stellte sich direkt vor den verdeckten Thron und aller Augen richteten sich nun auf ihren Regenten. Die Gesandtschaft hatte sich erhoben, denn sie spürten, dass nun der Herrscher dieses Landes ihre Anwesenheit dem Volk erklären würde.
„Geschätzte Edle, Ritter, Freie und natürlich auch Bauern“, begann er, „ wie alle Jahre sind wir hier versammelt, um die Geburt unseres Erlösers gebührend zu feiern. Wir tafeln, sind fröhlich und hoffentlich auch besinnlich. Denn vor langer Zeit lag der Herr Jesus ungeschützt als Kindlein in einer Krippe. Bedürftig und schwach war es auf die Hilfe von Maria und Josef angewiesen.“ Und der König fuhr fort, die Bedeutung des wichtigen Christenfestes zu erläutern. So gab er den Feierlichkeiten die nötige Tiefe.
„Und nun zu euch!“ Die fünf gewappneten begannen unruhig zu werden. „ Ich habe euch an meinen Hof gerufen und will euch auffordern, sich entweder für Krieg, den ihr ja ohnehin in mein Land getragen habt, oder für Frieden, den ich euch hoffentlich zeigen kann, zu entscheiden.“ Und so erläuterte er nun auch seinen nunmehr verwirrten Untertanen, dass ein feindliches Heer sein Land bedrohe. Bevor eine grössere Unruhe ausbrechen konnte, drehte sich der König um und rief:
„ Und nun, ihr Anwesenden alle, und ihr kriegerischen Ritter, schaut, seht und staunt, was unser friedliebender Herr im Himmel imstande ist zu tun!“ Auf sein Zeichen senkte sich das riesige Tuch und gab den Blick auf den Thron frei. Zum Vorschein kam, oben zusammengebunden, ein übergrosser Sack, der den Herrschersessel umfasste. Vor den verwunderten Augen der Anwesenden stieg nun der König die Stufen empor und hiess die fünf Ritter vortreten.

Mit lauter Stimme sprach der König:

„Was ich habe gebe ich frank und frei
riskiert einen Blick, oh kommt herbei,
nehmt Frieden oder zieht von dannen,
Krieg zu führen, den Menschen ersannen!“

Die Krieger, gekommen um für ihren Herrn zu fordern, standen nun voll Furcht vor diesem riesigen Sack, der an der Vorderseite eine Öffnung aufwies. „ Wenn ihr euch nun getraut, so kommt und seht was euren Augen noch verborgen ist“, sprach der König. Und nacheinander traten die Fünf festen Schrittes heran. Jeder steckte den Kopf durch die Öffnung, verharrte ein paar Sekunden und trat dann mit seltsam verklärtem Blick zurück. Schliesslich packten sie den beiseite gelegten Helm und schritten schnurstracks durch das Tor in die dunkle Nacht hinaus. Befriedigt nickte der König und lächelte, die erste Schlacht war geschlagen. Denn dies war die Weisung, die der König von dem Engel empfangen hatte: In einem Sack verborgen solle er eine Mutter und ihr Kind auf den Thron setzen. Das Verborgene zu schauen sei ein Wunsch in jedem Menschen. Und ein lebendiges Bild auf dem Thron würde verschütteten ritterlichen Edelmut wecken. So war es geschehen und der König musste denn auch nicht lange auf eine Antwort warten. In grossem Gefolge, aber mit friedlichen Absichten, ritten die Anführer der Eindringlinge bald durch die Tore der Burg. Der HerrGott hatte durch die Tat des Königs eindrücklich seine Macht, Unheil abzuwenden, bewiesen. Gross war die Freude und der König rief zu einem zweiten Fest. Und bald hatte sich am Hof eine neue Redewendung verbreitet: “Gib acht auf deine Taten. Sonst musst du den Kopf in den HerrGottSack stecken.“ Auf lange Zeit erinnerten sich das Volk und die Edlen durch dieses Sprichwort an die Weise Tat ihres Regenten. Wie aber alles mal eine Wendung haben muss – ob zum Guten oder zum Bösen – so nagte der Zahn der Zeit an besagter Redewendung und schmälerte den Sinn der Worte. Menschen, die den Inhalt der Geschichte nicht mehr richtig kannten, bedienten sich gedankenlos daran und bald hatte man die friedenbringende Tat dahinter vergessen. Die Wendung, der „HerrGottSack“ bekam eine verwünschende Note. Dies ist aber eine andere Geschichte und wir wollen es bei der guten belassen, die in jenem alten Haus im dunklen Wald erzählt worden war.

jh

kommando aus dem all

Posted in blugunkels storyride on September 13th, 2013

jhome/ Kurzgeschichte Kommando aus dem All/ copyright jh juli 2013/ Erstveröffentlichung

Durch die morgendliche Stille hallte das einheitliche Stampfen unserer Infanteriestiefel. Die im Takt geschwungenen Arme hüllten das Donnern der Sohlen in ein leises Rauschen. Blechern durchdrang das Taktkommando des Lieutnants die Eintönigkeit des Gleichschritts. Gesichter gleich grauen Fassaden, die Augen verborgen durch tief in die Stirn gezogenen Helm, spickten auf Befehl nach rechts, grüssten die Einheitsfahne. Die Hand seitlich an der Stirn würdigten die Offiziere unsere Ehrenbezeugung. In korrekter Reihenfolge der Dienstgrade standen sie zuoberst einer langezogenen Bodenwelle. Ein laues Spätsommerlüftchen sandte erste Blätter vom nahen Wald. Unbekümmert marschierte die Einheit einem ungewissen Ziel entgegen, als wie ein Schwertschlag ein neues Kommando das Trotten durchbrach: „Halt!“

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eines abends am fussballplatz

Posted in blugunkels storyride on August 16th, 2012

In meinem Kopf dröhnte noch immer die Stimme des Torhüters. Mit seinem – Raus, Raus – schaffte er es nicht nur seine Vorderleute genug weit aus dem Torraum zu schicken, sein Ruf hatte es auch geschafft, in meinem Hirn als Weckruf zu dienen. Schon früh am morgen bellte es in meinem Hirn den Rausbefehl. Wollte ich gemütlich auf der Toilette ein paar Minuten träumen, schlich sich der gestikulierende Torhüter wieder in mein Hirn. Das dazu passende Bild brauchte gar nicht erst zu erscheinen, und ich wusste, was die Mimik im Gesicht des Torhüters versprach. Zu jeder passenden und unpassenden Zeit hallte das -Raus, Raus – in meinem Kopf nach, pendelte wie ein Ikonenbildchen vor meinem inneren Auge. Dabei hatte der Fussballabend ansprechend begonnen denn eine milde Abendsonne flutete den Platz.

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unbewusste auskunft

Posted in blugunkels storyride on Juli 5th, 2012

In Gedanken weilte ich noch an jenem Nachmittag, da ich die Journalistin an der Haltestelle traf. Es regnete und man duckte sich gerne unter das Wartehäuschen. Jenseits des Parkplatzes stand eine Frau anscheinend gelangweilt neben ihrem Auto. Ich beobachtete, wie sie Passanten ansprach…

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der angriff des greif

Posted in blugunkels storyride on Mai 7th, 2012

lass dir erzählen, von dem tag, als die natur die regeln durchbrach…und…vom:  angriff des greif

Bahnhofshölle

Posted in blugunkels storyride on September 1st, 2009

Etwa fünzig Meter vor mir hob sich das Dach. Wie von Geisterhand bewegt, stieg es halbhimmelhoch empor um dann an die genau gleiche Stelle zurück zu plumpsen. Dies war das Ereignis, welches nicht nur meinen Tag einschneidend veränderte, sondern auch den Tag aller Andern.-

Gerade eben bin ich doch in den hintersten Doppelstockwagen eingestiegen. Tief  versunken in das Bewusstsein, dass mein heutiger Tag ein spezieller sein würde. Plötzliche Schreie hoben mich aus der Tiefe der Gedanken. Wie ein Artist der auf dem Trapez in die Höhe gezogen wird, tauchte ich stetig in die Kuppel der realen Welt auf. Vor uns standen die Wagen nicht mehr auf dem Geleise. Eine grosse Staubglocke verhinderte besseres Erkennen. Schemenhaft reihte sich das Unglück vor uns auf. Während unser Wagen noch am selben Platz stand, Gott musste
uns gnädig gewesen sein, war der sonstige Schienenalltag total durcheinander gebracht. Und allmählich konnte man das Ausmass der Verwüstung erkennen. Die Detonation hatte die ehemalige Bahnhofshalle in den Vorhof der Hölle verwandelt. –
Mein Gemütszustand rutschte vom Regen in die Traufe. Hatte ich geradeebennoch gedankenverloren über die erfolgreiche Durchlebung meines Tages nachgedacht, zog mich das aktuelle Geschehen nun flutwellenartig in einen schockartigen Zustand. Anstatt mich weiterhin am Strand der guten Gedanken sonnen zu können, steckte mein Gewissen ohne bei mir nachzufragen ein neues Tagesziel ab. Langsam und leise zog es mich zu der Erkenntnis hin, dass weiteres Träumen nun nicht mehr erlaubt ist. Dabei hatte der Tag doch so gut angefangen. Alles hatte gestimmt an diesem morgen. Der Hund liess mich nicht ohne freudige Begrüssung aufstehen. Der Lärm den ich in der Küche verursachte muss für meine Familie weckermässig gewesen sein.  Und die Kinder zankten sich schon kurz nach dem Aufstehen. Hervorragend war also der Tagesbeginn. Schliesslich war da auf dem Weg zur Arbeit noch die -häschmer än Stutz- Frage. Unüblich war nur die Erhöhung auf Franken zehn.
Jetzt, fünf Minuten nach der Detonation, musste ich meine Einstellung überprüfen. Einfach abschleichen und weiter romantisieren wäre möglich, aber nicht förderlich für ein frohes Gewissen. Da war nur der schockartige Zustand in den ich gefallen war. Ihn musste ich abstreifen, um nicht wie ein Breakdancer zu wirken, der in seinen Zuckungen erstarrt ist.  Schliesslich ging es darum, wie das Küken das Ei zu verlassen und sich der Realität zu stellen. Die Glocke zum Wachwerden hatte geschlagen. Ächzend schälte ich mich also aus der nicht selbstverschuldeten Lethargie. Erste Hilfeleistung war gefragt. Schliesslich war unser Wagenteil unversehrt geblieben. Ich und die andern-  wir stürmten nun aus dem Wagen. Das heisst, ich, infolge persönlicher Datenverarbeitung, ein bischen später. Aber nicht zu spät um jemandem Hoffnung zu bringen. Beseelt stürmte also auch ich aufs Perron. Meine Erste Hilfe galt nicht einem Verunglückten, sondern einem Sitznachbarn. Kaum dass er draussen war, fiel er hin. Mir scheint er hat seine Gedankenverlorenheit nicht bewältigt. Wie sonst kann es sein, dass er auf den Anblick nicht gefasst war. Ich legte ihn also in die Lage aus der ich kam  und kümmerte mich um das weitere…

Tenue blau

Posted in blugunkels storyride on August 21st, 2009

Ich sitze im Wartesaal der Berner Bahnhofunterführung. Links von mir, ausserhalb des Raumes, bemerke ich etwas das sich vor meine Sicht schiebt. Es ist ein Bauch. Oder wie der junge Volksmund spricht, eine Pfanne, oder eine Wampe. Eben ein Bauch, ein zu dicker Bauch.

Der Eigentümer der Körperform wirkt sauber. Auch fehlt der zur Hälfte gerauchte Stumpen. Man sollte eigentlich nicht über die Unförmigkeit solcher Menschen reden. Jeder ist schliesslich froh, wenn man seinen Makel in Ruhe lässt.

Wenn ich es trotzdem tue, so hat es einen Grund. Ich muss gestehen, ich musterte die Hose des Mannes, denn mir fiel auf, dass ihr Schnitt kein gewönlicher war. Diese Art von Hose traf man an einem Ort an, wo Mode keine Rolle spielt —
im Schweizer Militair des vorigen Jahrhunderts. Egal ob dünn, dick, lang oder klein, sie kleidete jeden. Aber wie! Niemand war gewappnet gegen die Verunstaltung, die sie hervorrief. Da sah man den kleinen Rekruten, der aussah wie Pinochio im Faltentuch. Oder den langen Kämpfer, den das Tenue in einen wandelnden Kleiderständer verwandelte. Oder den weder zu kurz noch zu lang geratenen mittelmässigen. Er sah aus wie John Travolta an einer Techno – Party. Dieses Tenue, das darum schweizweit Kultstatus geniesst, ist leider längst ausgemustert.

Als ich die Tenue blau Hose an diesem wohlbeleibten Mann entdecke, stutze ich. Kann es sein, das sie sich hierher verirrt hat? Und ich muss sagen, sie kleidete diesen für das Auge unschönen Mann ausserordentlich gut. Die Güte der Verarbeitung lässt ihn sicher in der Öffentlichkeit auftreten. Bleibt noch zu sagen, dass kultiges eben zeitlosen Wert hat. Nie geht unter, was für einen einfachen Zweck bestimmt war. In diesem Sinne verabschiedet sich:

gedankenmacher

Fussballgeschichte…

Posted in blugunkels storyride on August 2nd, 2009

Es ist Donnerstagabend. Erschöpft komme ich nach Hause. Der lange Arbeitstag fordert seinen Tribut. Schon seit Tagen denke ich an den Match des Stadtclubs, der an diesem Abend stattfindet. Es geht um den Verbleib in der obersten Spielklasse.

Ich mache mich also auf den Weg zum Ort des Geschehens. Bin spät dran. Der letzte Matchbesuch liegt bereits ein Jahr zurück und so weiss ich nichts mehr von einer Sektoreneiteilung. Also laufe ich zum Haupteingang, schnappe mir ein Ticket, und begebe mich zur Fantribüne längs des Spielfeldes. Securitas stehen gelangweilt vor einer Gittertür. Als ich die Hand an den Griff lege, werde ich angesprochen. Sofort zücke ich mein Ticket. Es ist in diesem Augenblick meine Legitimation gegen die Türwächter. Das sei der falsche Sektor, und hier dürfe ich nicht rein, bekomme ich zur Antwort. Mir dämmerts! Sektoreneinteilung als präventive Massnahme gegen Fans, die nicht nur den Sprechgesang in der Kehle haben, sondern auch das destruktive Mittel in der Hand. Schlussendlich lassen sie mich rein. Habe also doch nicht den Schein eines Hooligan.

Ich mach mich zuerst zum Bier- und Wurststand auf. Stadiongemäss verpflegt begebe ich mich zur Tribüne. Die Heimmannschaft ist prächtig in Form und spielt den Gegner schwindlig. Am Schluss stehts 6:1. Als ich da so sitze, betrachte ich meine Umgebung.
Fussballfeste haben so ihre eigenen Regeln. Es ist nicht erkennbar, welcher Zuschauer welchem Beruf angehört. Auch an der Körpersprache lässt sich nichts zur Schubladisierung erkennen. Eine bestimmte Verhaltensweise fiel mir jedoch auf. Man guckt
verhalten um sich und wirft dann den Abfall kunstgerecht dorthin wo ein Spalt klafft, zwischen die Stufen und somit auf den Boden. Jetzt sieht man den Abfall nicht mehr, er ist im grössten Kübel entsorgt.
Oder ich muss an jenen Mann denken, der in unserem Fansektor zuerst die gute Leistung des Gegners mit einem leisen Räuspern quittiert, dann seine Mannschaft verhalten anfeuert und schliesslich in unerhörten Jubel ausbricht. Er wird von mir klar aufgefordert, gefälligst in seinen Sektor zu gehen. Worauf ich umgehend von Dritten rechts über mir in die Schranken gewiesen werde. Es gilt also auch hier die Regel, trotz Sektoreneinteilung darf jeder dorthin stehen, wo es ihm beliebt. Das einzige Hindernis sind die Securitas. Aber die drücken ja auch mal ein
Auge zu, wie man gesehen hat. Meine Seele ist befriedigt. Ich habe das bekommen was ich suchte. Ein gutes Spiel, ein Bier und eine Wurst und jede Menge interessanter Leute.

j.home

Oase

Posted in blugunkels storyride on Juni 30th, 2009

Eine Blätteroase und das Getümmel der Charaktere

Es befinden sich dort 3 Bänke. Jeder Bank besteht aus 2 breiten und einem dünnen Balken. Genügende Dicke garantiert die Sitzsicherheit. Einzig die Einkerbungen könnten etwas daran ändern. In der Mitte steht ein Brunnen. Besser gesagt, ein Brünnlein. Um ihn sich vorstellen zu können, denke man sich einen Marterpfahl der sich gegen die Mitte verjüngt, und gegen das obere und untere Ende zunimmt. Der breiteste Teil dient als Wasserauffangtopf. An ihm befindet sich der Hahn in Form eines Knaufs. Und dort sprudelt  jene Flüssigkeit die nicht nur trinkbar ist, sondern auch aller Sorten Wesen versammelt, denn  Mensch und Tier, sie laben sich hier. Vier Bäume , die im Halbkreis von ungefähr vierzehn Meter Durchmesser verteilt stehen, bilden das Blätterdach. Eine Plakatsäule steht am rechten Eckpunkt. Begrenzt wird der Platz vorne von der einen Bogen beschreibenden Hauptstrasse und hinten von der Limmat.

Hier, meine Damen und Herren, lässt sich so manches erleben. Menschen gehen hier ein und aus, sie könnten seltener nicht sein. Und hier war es, da mich eine Gassenlady nach dem Senf fragte, der reichlich aufgtragen auf meinem Cervelatkarton lag. Ich gebe noch einen Brocken von meinem Bürli, die Wurst esse ich selber, denn ich denke in diesem Moment nicht daran, mehr abzugeben. Der nächste Mensch der die Örtlichkeit benützt, ist Japaner. Dem Gepäck nach zu urteilen, ist er auf der Durchreise. Sein Bedürfniss ist rasch gestillt. Photoapparat neben das Gepäck auf den Bank gestellt, dann nur schnell neben das Brünnlein gestanden, schon ist das Bild im Kasten und die Erinnerung auf ein Photoleben gebannt.

Nicht nur die Abgrenzung zum stressbehafteten Leben und das Gratiswasser ziehen die Menschen an, auch das Gewusel von Städteplanung lockt den der Ruhe abgezockten unter das Blätterdach.  Ob Punks, Vater und Kind, Ausländer oder Taube, jeden lässt es trinken. Allein der Stil der Taube fasziniert. Während der Mensch den Schnabel vorsichtig unter den Wasserstrahl hält, kennt die Taube, dazu noch eine reinweisse, keine Vorsicht und hält den ganzen Kopf in den Wasserbogen. Auf dies Weise trinkt sie was sie abbekommt. Als der Vater davon trinkt, hält er sich am Hahn resp. Knauf und dreht diesen beim Absetzen nach aussen. Der Wasserstrahl geht nun zu Boden. Ist ja nur Wasser, das kann man so lassen. Denke es und dreh den Wasserknauf eigenhändig zurück. Der Friede ist zurückgekehrt.

Unterdessen sind da auch ein paar Alcs eingetrudelt. Sie sind die eigentlichen Lokalmatadoren. Dabei befindet sich jener junge Mann, den ich zusammen mit der Frau kennenlernte, der ich Senf gab. Frägt geradeheraus nach Bier. Hab ich aber nicht. Nur noch einen kleinen Schluck in meiner Eichhoffdose. Sie ist jetzt entsorgt. Nicht von mir. Ein Alci der eine Weile auf der rechten Bank sass, sorgte sich darum. Nun bin ich auch mittendrin, unter den Matadoren des Platzes, den Charakteren unter dem Blätterdach. Sie sitzen, sie schauen. Die Sinnlosigkeit ihres Daseins ist durch die Welt ausserhalb ihrer kleinen Oase begründet. Ausgegrenzt sitzen sie in einer abgegrenzten Welt. Von hier aus schauen sie nach dem sogenannten normalen Leben. Lassen sich freien Lauf. Den Gedanken wie den Worten. Manche Frau wird betrachtet, etliche Kritik genommen. Zusammenhänge werden gesehen, Mängel der Gesellschaft an den Pranger gestellt. Aussenwelt und Innenwelt werden sich aber weiterhin kaum berühren. Die Einen arbeiten zuviel, die Anderen geniessen zuviel. Raum zum Erwachsen werden, aufzustehen und wirklich zu leben braucht es aber für beide. Für den der Gesellschft entfremdeten wie für den von der Gesellschft eingespannten. So denke ich und verlasse verträumt den Platz unter dem Blätterdach.

j.home